Themenbereich: Testfairness bezüglich Geschlecht
Geschlechtsunterschiede in kognitiven Fähigkeiten gehören zu den am meisten diskutierten und beforschten Themen der Differentiellen Psychologie. Insbesondere wenn Leistungstests Grundlage für wichtige Entscheidungen in der Praxis sind – beispielsweise in der Personalauswahl –, ist eine geschlechterfaire Messung unabdingbar. Auch für die Forschung ist die Sicherstellung einer geschlechterfairen Messung essentiell, z.B. bei der Quantifizierung von Geschlechtsunterschieden oder bei der Identifikation von Faktoren, die die Entstehung von Geschlechtsunterschieden beeinflussen. In der Abteilung für Pädagogische und Differentielle Psychologie an der TU Dortmund untersuchen wir daher in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen aus Heidelberg, Lüneburg und Marburg, inwiefern verschiedene Messinstrumente zur Erfassung kognitiver Leistungsfähigkeit sowie verschiedene Testarten (z.B. Speed- vs. Power-Tests) tatsächlich eine geschlechterfaire Messung ermöglichen. So konnten wir in einer kürzlich in der Fachzeitschrift Intelligence erschienenen Studie mit fast 1000 Jugendlichen zeigen, dass ein substantieller Teil der Items aus dem Wissenstest des Intelligenz-Struktur- Tests 2000 R Differential Item Functioning aufwies, wodurch Jungen in der Messung begünstigt wurden. Wurden alle Items mit einem Bias entfernt, verringerte sich der Geschlechtsunterschied um mehr als die Hälfte. Hiermit konnten wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das immer wieder replizierte bessere Abschneiden von Jungen bzw. Männern in allgemeinen Wissenstests zu erklären. Ebenso häufig wurden Geschlechtsunterschiede zugunsten von Jungen bzw. Männern in der numerischen Intelligenz gefunden, wobei die Größe dieses Unterschieds jedoch besonders stark von der Erfassungsmethode abhängt. Aktuell untersuchen wir, inwiefern und warum Zeitrestriktionen in Instrumenten zur Erfassung der numerischen Intelligenz Mädchen, nicht jedoch Jungen, daran hindern, ihr volles Leistungspotential abzurufen.
Ansprechpartner*innen: Jun.-Prof. Dr. Sebastian Bergold und Prof. Dr. Ricarda Steinmayr